Was macht das Tattoo aus Japan so besonders? Inwiefern unterscheidet es sich von den Motiven, die wir in Europa auf der Haut tragen und gibt es eine spezielle Vorgehensweise beim Tätowieren dieser Kunst?
Es gibt verschiedene Begriffe für japanische Tätowierungen, u.a. bezeichnet der Begriff shishei 刺青 das "mit Blau durchstechen", da sich die spezielle Nara Tinte, die hier beim Tätowieren verwendet wird, unter der Haut Blau färbt. Bei bunshin 文身 ist das "Bemustern des Körpers" beschrieben. Der gängigste Begriff für das japanische Tattoo ist und bleibt jedoch irezumi 入れ墨, was schlichtweg das Einbringen von Tinte in die Haut beschreibt (wortwörtlich "Tinte einbringen").
Die Motive sind vielfältig und äußerst symbolträchtig. Vom Drachen über die Schlange bis hin zur Geisha hat jedes Tattoo seine eigene Bedeutung, oftmals sogar mehrere, die man sich vorab unbedingt verinnerlichen sollte, um Missverständnisse oder peinliche Momente zu vermeiden. Denn bei dieser japanischen Kunst sollte man nichts dem Zufall überlassen, schliesslich ist ein Tattoo für die Ewigkeit geschaffen.
Geschichte und Hintergrund der japanischen Tattoos
Erstmalig erwähnt wurden die sogenannten irezumi in chinesischen Schriftwerken, u.a. wurden sie in Verbindung mit den Ureinwohnern Japans, den Ainu, genannt, die ihre Körper bereits mit der Tattoo Kunst verzierten. Allerdings waren es hier eher die Frauen, die diese einzigartige Kunst trugen, meist in Form von Bärten ähnelnden Zeichnungen auf der Oberlippe und Mustern auf den Armen und zwischen den Fingern. Anhand der Tätowierung im Gesicht einer Ainu-Frau, konnte man erkennen, welchen Ehestand sie hatte und wieviele Kinder sie bereits zur Welt gebracht hatte. So hatte das Tattoo im damaligen Japan eher den Zweck der gesellschaftlichen Kommunikation.
Bedeutung und Symbolik der Motive
Die Motive dieser traditionellen Tätowierungen haben nicht nur eine Geschichte, sondern jeweils eine ganz eigene Bedeutung und sollten niemals willkürlich gewählt werden. Dennoch hält die japanische Tätowierkunst für jeden Liebhaber des Tattoo etwas Passendes bereit. Einen prächtigen Koi in Farbe, einen Tiger als Beschützer auf der Hand oder eine Tätowierung bestehend aus einem Ensemble verschiedener japanischer Blüten, die einem ein Leben lang erhalten bleiben - Grenzen gibt es kaum. Auch beim Künstler, der einen tätowiert, sollte auf entsprechende Erfahrung geachtet werden, denn auch das spielt eine wichtige Rolle.
Haupmotive
Der Samurai:
Ursprünglich auch bei den Yakuza sehr beliebt, bedeutet er u.a. Mut, Ehre, Loyalität, Hoffnung und richtiges Handeln. Angriff, Distanz, Rückzug, Kraft, Sensibilität, Stolz und Demut sind ergänzende Eigenschaften, die den Samurai ausmachen.
Die Geisha:
Steht für Anmut, Schönheit, Weiblichkeit, Eleganz, Mystik und Unantastbarkeit und wird häufig mit Blütenmotiven oder Tieren kombiniert.
Der Helm (Kabuto) und der Gesichtsschutz (Mempo):
Wurden von Samurai getragen und mit verschiedenen Mitteln sehr furchteinflößend gestaltet, so z. B. mit großen Geweihen. Auf dem Helm selbst befanden sich oftmals Motive mit ganz eigenen Bedeutungen, die auf die Klanzugehörigkeit oder die Religion des Trägers hinwies.
Der Totenkopf (Zugaikotsu):
Anders als erwartet wird dem Totenschädel in der japanischen Kunst des Tätowierens eher eine positive Eigenschaft zugesprochen. Er steht für den Wandel und soll an die Endlichkeit der Dinge erinnern.
Ein abgetrennter Kopf (Namakubi):
Auch hier steht dieses eher brutale Bild für etwas Positives. Es soll als Glücksbringer für Leute, die einen gefährlichen Beruf ausüben, dienen.
Tiere und Fabelwesen
Der Koi (Nishikigoi):
Steht für Entschlossenheit, Stärke, Mut, Verlangen nach Erfolg, Selbstbesserung und Wasser. Auch die Farben des Karpfens spielen eine Rolle.
Der Drachen (Ryū):
Verkörpert Kraft, Wildheit und Tapferkeit.
Der Tiger (Tora):
Schützt vor Dämonen, Krankheiten und Unglück.
Die Schlange (Hebi):
Bringt Glück, Weisheit und steht auch für den Wandel zum Guten.
Der Frosch (Kaeru):
Ist ein Symbol des Glücks und soll Reisende beschützen.
Der Goldfisch (Kingyo):
Steht für Erfolg.
Der Phönix bzw. Feuervogel (Hou-ou):
Ist einer der heiligsten Vögel und verkörpert Unsterblichkeit, Pracht und Sieg.
Die Krabbe (Heikegani):
Da der Rückenpanzer den Gesichtern von Samurai ähnelt, sagt man ihnen nach, sie seien die Reinkarnation japanischer Krieger, die in der Schlacht gefallen sind.
Der Affe (Saru):
Stammt aus der Zeit des Noh-Theaters und wurde oft in Form einer Maske getragen. Er ist eher witzig zu verstehen.
Der Fuchs (Kitsune)
Ein sehr mystisches Wesen, meist weiblich, steht für Fruchtbarkeit und Glück. Je mehr Fuchsschwänze er besitzt, desto mächtiger ist er. Der neunschwänzige Fuchs ist demnach der mächtigste.
Der Marderhund (Tanuki):
Steht für Männlichkeit und Glück im Sinne des Reichtums.
Die Dämonen (Hannya und Oni):
Hannya: eine weibliche Maske aus dem Noh-Theater, steht als Mahnmal für Rache, Eifersucht, Wut, Hass und Enttäuschung.
Oni: wird meist als sehr grausame Figur dargestellt, kann aber auch als schützender Wächter interpretiert werden.
Der Löwenhund, Wächterlöwe oder auch Fu-Hunde (Shishi/Karajishi):
Stehen oftmals im Doppelpack an Tempeleingängen und bedeuten Schutz, Stärke und Mut.
Der Traumfresser (Baku):
Wie der Name bereits verrät, soll der Baku schlechte Träume fressen und vor Bösem schützen.
Das Böse Omen (Nue):
Wird auch als japanische Chimäre (Mischwesen aus der Mythologie) bezeichnet, erscheint oft in einer schwarzen Wolke und gilt als Bote von Unglück und Krankheit.
Der Geist (Yurei):
Eine schwebende, weibliche Gestalt in Totengewand, umringt von einem farbigen Leuchten.
Ein vogelartiges Wesen (Tengu):
Schützt vor persönlichen Lasten und Schwächen.
Ein schildkrötenartiges Wesen (Kappa):
Wird auch als Flussgeist bezeichnet. Früher eher mit negativen Eigenschaften behaftet, ist er heute ein hamrloser und niedlicher Geselle der japanischen Fabelwesenwelt.
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Blüten und Pflanzen
Die Pfingstrose (Botan):
Die Königin der Blumen vermittelt Reichtum, Glück, Wohlstand und Erfolg.
Die Chrysantheme (Kiku):
Als Symbol der Kaiserfamilie steht sie für Glück und Langlebigkeit.
Der Lotus (Hasu):
Steht für Weisheit und Erleuchtung und ist Symbol des Buddhismus.
Die Kirschblüte (Sakura):
Kurzlebigkeit, Schönheit und Sterblichkeit stecken hinter dem Symbol Japans.
Das Ahornblatt (Momiji):
Steht für die Regeneration, Auferstehung und den Lebenszyklus des Menschen.
Wer trägt Irezumi?
Vermutlich werden mit japanischen Tätowierungen hauptsächlich die sogenannten Yakuza in Verbindung gebracht. Das Leben der japanischen Mafia besteht aus organisierter Kriminalität, was passt da also besser, als symbolische Motive, die den Mitgliedern tätowiert werden und eine ganz bestimmte Bedeutung haben? Besonders das sogenannte Bodysuit, ein Tattoo, das den kompletten Oberkörper ziert, wird vorrangig den Yakuza zugesprochen. Weshalb auch heute noch vielen Japanern mit großflächigen Tätowierungen der Zutritt zu öffentlichen Bädern verboten wird. Nichtsdestotrotz gibt es in Japan unzählige, talentierte Künstler, die Drache und Co. weiterhin in der japanischen Kultur verbreiten und dafür sorgen, dass immer mehr junge Japaner der Körperkunst verfallen und somit die Verbindung zur Kriminalität allmählich schwindet.
So werden traditionelle, japanische Irezumi gestochen
Traditionelle Tattoo-Künstler, die dieses Handwerk beherrschen, gibt es nur noch sehr wenige in Japan. Der Weg zum fertigen Tattoo ist lang und sehr schmerzhaft, denn hier wird keine moderne Tätowiermaschine verwendet, sondern auf die traditionelle Handwerkskunst zurückgegriffen. Ein an einem Bambusgriff befestigtes Nadelbündel (Tebori-Stick) wird in Tinte getaucht und von Hand unter die Haut gestochen. Die japanischen Tattoos, die dabei entstehen sind sehr präzise, da der ausübende Künstler mehr Kontrolle über die Tiefe der zu setzenden Stiche hat. Und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.
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